Im Sommer habe ich ein neues Wort gelernt: Judgy.
Ich lauschte nämlich in einer Bar einem Gespräch am Nebentisch: „Meine Mutter ist so judgy. Sie meint immer genau zu wissen, was richtig ist. Wenn jemand anders handelt, als sie es tun würde, regt sie sich darüber auf und verurteilt das."
Judgy, zu deutsch: urteilend. Oh ja, solche Menschen kenne ich auch, dachte ich. Judgy ist ein Mensch, der sich über das erhebt, was andere tun oder sagen. Ich hatte sofort Verständnis für den Sohn, der sich über seine Mutter aufregte.
Aber Moment – ist er dadurch nicht selbst auch judgy, weil er seine Mutter fürs judgy-sein verurteilt? - Wie schnell sind wir mittendrin im Strudel des Urteilens, Wertens und Richtens? Wie schnell wissen wir es besser, erheben wir uns über andere und bewerten sie nach unseren eigenen Maßstäben?
Und das gilt ja nicht nur für andere: Auch über uns selbst sprechen wir manchmal strenge Urteile. „Hätte ich doch nur..., wäre ich doch nicht...“
Wir werden alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2. Brief an die Korinther 5,10a)
„Gott sei Dank vor diesem Richterstuhl", hat eine Professorin in einem Seminar diesem Vers aus der Bibel einmal hinzugefügt.
Dass das Richten geschehen muss, ist wichtig, bei alledem, was auf der Welt und in unserem Leben auch schief geht – durch andere oder durch mich.
Doch zum Glück ist Gott ein ganz anderer Richter, als wir Menschen es sind. Er richtet, aber er richtet nicht zugrunde. Im Gegenteil: Er bringt das Vermurkste und Verdrehte ins Recht. Er macht uns gerecht.
Wir werden alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi.
Mir sagt dieser Satz: Sei nicht so streng mit anderen und auch nicht mit dir selbst. Denn was andere über mich denken, sagen und urteilen, zählt am Ende nicht.
Was für eine Befreiung.
Tomke Oliva
Tomke Oliva