Die Terrinen mit der Hochzeitssuppe werden hinausgetragen. Unter Geklapper wandern Löffel und Teller hinterher. Auf den Tischen strahlen die Kerzen mit Sträußen violett glühender Fetter Henne um die Wette - liebevoll gesteckt von den Händen seiner Frau.
Sein Teelöffel lässt das Weinglas klingen. „So, nun will ich euch ein bisschen erzählen, was ich erlebt habe. 80 Jahre sind ja eine lange Zeit. Und für mich ist das heute ein Tag großer Dankbarkeit.“ Und dann erzählt er. Vom Aufwachsen in der Nachkriegszeit. Als vorletzter Spross einer bäuerlichen Großfamilie. Von der liebevoll beharrlichen Mutter. Wie sie dafür sorgte, dass er gemeinsam mit zwei seiner Schwestern die Realschule der nahen Kleinstadt besuchen durfte. Vom Kindheitstraum, Förster zu werden - und von einem Berufsleben zwischen Eichen und Kiefern, Muffelwild und Rothirschen, Pfifferlingen und Heide. Vom Glück, im Posaunenchor zu spielen - und in der Jagdhorngruppe. Von jugendlichen Eskapaden in der Lehrzeit. Und vom fröhlichen Ankommen im Familienleben.
Dass er seine erste Frau verlor, als sie erst Mitte 40 war, das wissen alle Gäste. Dass er bei Waldbränden selbst in Gefahr war, dass er einen schweren Unfall hatte, der auch anders hätte ausgehen können, nur manche. Und dennoch scheint Gottes Segen durch jedes seiner Knopflöcher. Flutet den Raum mit Dankbarkeit. Auch der, dass Gottes Sonne selbst in der Tiefe strahlt - und den Müden trägt.
Nach sieben Minuten zupft ihn seine Frau am Ärmel: „Die Filets werden auf den Punkt gebraten. Nun komm du auch zum Punkt. Sonst werden sie trocken und schmecken nicht.“ Und dabei ist er erst bei 1972 angelangt … „Erzähl doch nach dem Hauptgang weiter“, ruft einer der Gäste. Und er lächelt.
Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild. Der Herr gibt Gnade und Ehre.
Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen. Psalm 84,12
Einen September voll Sonne und Segen wünscht Wiebke Vielhauer