© Wiebke Vielhauer

Frühstücksgedanken am 2. Sonntag nach Epiphanias - von Gastpastor Rainer Dinger

Sat, 14 Jan 2023 22:00:00 +0000 von Wiebke Vielhauer

Von sagenhaften Schätzen und dem, was im echten Leben zählt
 
Das Matthäusevangelium erzählt von den Weisen, die im Morgenland einen noch nie gesehenen Stern entdecken und daraufhin von der Geburt eines neuen Königs ausgehen. Also lassen sie sich von dem Himmelslicht die Richtung weisen. Nachdem sie den Stern über dem Geburtsort Jesu hoch erfreut erblickt haben, finden sie Maria mit dem Kind, fielen nieder, beteten es an, taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe“ (Matthäus 2,11).
 
Auch das Märchen von Hans im Glück erzählt von Gold und Besitz sowie der Freude und dem Glück beim Loslassen von beidem. Hans zog in die Fremde, um sein Glück zu suchen. Fern der Heimat fand er Arbeit und leistete seinem Meister 7 Jahre lang gute Dienste. Als Lohn erhielt er einen Klumpen Gold. Überglücklich machte er sich auf den Heimweg. Schon bald wurde ihm die Last zu schwer. Da tauschte er das Gold für ein Pferd. Dann nacheinander das Pferd für Kuh, Schwein, Gans, einen Feldstein zum Schleifen. Zum Schluss verlor er auch den Stein, als er sich beim Trinken über den Rand des Brunnens beugte. Nun war Hans endlich all seines Besitzes ledig geworden. So glücklich wie ich, rief er aus, gibt es keinen Menschen unter der Sonne. Mit leichtem Herzen und befreit von aller Last, sprang er nun, bis er dann bei seiner Mutter war. – Der dumme Hans, werden viele von uns denken. In der Tat, so clever wie ein Kaufmann war Hans nicht. 
 
Mein Großvater hingegen dachte lebenspraktisch. Im Januar 1945 wurden die Zivilisten des Ortes im Osten zur Flucht aufgefordert. Er belud den Pferdewagen mit Decken, Proviant und Futtersäcken. Da entdeckte er die Kiste mit Tafelsilber und Wertsachen, die Großmutter unter der Ladung versteckt hatte. Er warf sie herunter und erklärte seiner weinenden Frau: Den Tand brauchen wir nicht mehr. Was wir jetzt brauchen, ist Gottvertrauen und Hafer für die Pferde.  Unterwegs passierten sie manch ein überladenes Gespann mit gebrochener Achse …  Wochen später kamen sie in die zerstörte Stadt, wo unsere Familie überlebt hatte. Weinend fielen die Großeltern meiner Mutter um den Hals. Überglücklich, wie sie später sagten. Wie Hans im Glück, der alles verloren hatte …

Pastor Rainer Dinger
Quelle: Rainer Dinger & Wiebke Vielhauer
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